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Recht&Sprache Recht und Sprache
Linguistik Rechtslinguistik: Sprache des Rechts
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Verantwortung
Eine Rechtserzeugungsreflexion leistet für den Richter scheinbar weniger als eine Rechtserkenntnislehre. Sie formuliert seine Verantwortung. Die Rechtserkenntnislehre dagegen begrenzt und verendlicht das, was ein Richter leisten muss, auf die einzige Aufgabe korrekter Erkenntnis. Das ist überschaubar. Andernfalls ist Verantwortung unendlich weit entfernt und gleicht einem Gespenst. Aber in diesem scheinbaren Mangel der neuen Sichtweise liegt ein Gewinn: „Ich muss also einem Gespenst gehorchen, und die Entscheidung findet statt, während ich unter dem Gesetz oder vor dem Gesetz des anderen stehe, leidenschaftlich aktiv und passiv. (...) Und selbstverständlich ist eine begrenzte oder endliche Verantwortung eine Unverantwortlichkeit. Sobald man durch ein bestimmendes Urteil weiß oder zu wissen glaubt, was die eigene Verantwortung ist, gibt es keine Verantwortung. Damit eine Verantwortung eine Verantwortung ist, muss man, sollte man wissen, was immer man wissen kann. Man muss versuchen, das Maximum zu wissen, doch der Moment von Verantwortung oder Entscheidung ist ein Moment des Nicht-Wissens, ein Moment jenseits des Programms. Eine Verantwortung muss unendlich sein und jenseits jeder theoretischen Gewissheit und Bestimmung.“ (Derrida, J., Als ob ich tot wäre, 2000)

Die Rechtserzeugungsreflexion kann dem Richter seine Verantwortung nicht abnehmen. Doch kann sie helfen, das erreichbare Maximum zu wissen. Die Entscheidung verschwindet nicht in diesem Wissen; aber ohne dieses Wissen ist es keine verantwortliche Entscheidung.

JM II, S. 170 f.
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