start Technische Hinweise glossar • • • lectures schemata suche sitemapimpressum
Recht&Sprache Recht und Sprache
Linguistik Rechtslinguistik: Sprache des Rechts
register
Rechtsstaatsprinzip
Im Hinblick auf die richterliche Gewalt enthält das Rechtsstaatsprinzip die Notwendigkeit von Kontrolle. Es fordert, dass beim Ausüben staatlicher Gewalt bestimmte Legitimitätsmaßstäbe eingelöst werden: „Seine Legitimität findet der bürgerliche Rechtsstaat gerade darin, möglichst weitgehend mit formalisierter, kontrollierbarer, sprachlich vermittelter, konstitutioneller Gewalt auszukommen und möglichst wenig die deswegen entlegitimierte 'bloße’, d.h. die aktuelle Gewalt einsetzen zu müssen.“ (Müller, F., Recht – Sprache – Gewalt, 1975) Die Legitimierungsweise des Rechtsstaats ist dabei als eine doppelte gedacht: einmal als Berechenbarkeit und Kontrollierbarkeit im Sinn der Betriebsrationalität. Dann aber auch als inhaltliche Legitimität, wonach die individuellen Interessen der bürgerlichen Gesellschaft von staatlichen Eingriffen abgeschirmt werden und in den grundrechtlich garantierten Aktionsformen ihre Eigengesetzlichkeit als Pluralismus verschiedener Lebensformen entfalten können. Auf der Ebene praktischer Rechtsarbeit entfaltet sich der Anspruch des Rechtsstaatsprinzips als Forderung nach Rationalität und Kontrolle an Stelle sprachloser Gewalt. Ein Urteil als bloß rechtspolitische 'Dezision vom Ergebnis her' wäre in diesem Sinn als bloße Gewalt anzusehen, als Herrschaft von Menschen über Menschen; statt als Herrschaft, die durch Recht und durch Prozesse sprachlicher Vermittlung mediatisiert ist. Ein Richter als apokrypher Gesetzgeber, der seine Entscheidung an die von der Legislative formulierten Normtexte nicht in methodisch nachvollziehbarer und verallgemeinerungsfähiger Weise rückbindet, zerstört neben der stabilisierenden Funktion der Rechtsordnung auch die rechtsstaatliche Legitimität. Der Richter soll statt dessen „rechtmäßig“ entscheiden, nicht durch Dezision kraft selbst gesetzter Gewalt, sondern nur kraft abgeleiteter Gewalt. Der vom Gericht erarbeitete und die Entscheidung tragende Leitsatz muss daher in methodisch nachvollziehbarer Verbindung zu dem vom Gesetzgeber erlassenen Normtext stehen. Nur dann hat das Gericht die in der Entscheidung steckende Gewalt nicht geschaffen, sondern sie funktionell vermittelt. Nur dann handelt es sich um konstitutionelle Gewalt, die allein rechtsstaatlich legitim ist. Unter dem Rechtsstaatsprinzip gilt somit, dass der Richter auf eine normtextorientierte Entscheidung verpflichtet wird, welche den tragenden Leitsatz mittels kontrollierbarer und nachvollziehbarer methodischer Maßstäbe am Normtext legitimieren kann.

JM II, S. 356 f
Das könnte
Sie auch interessieren:

kommunikative Ethik
Zum Anfang
Wir sind an Ihrer
Meinung interessiert
info@juristische-methodik.de
Wir freuen uns
auf Ihre Anregungen
Zum Anfang
© RC 2003 ff.