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Rechtsordnung als Kommunikationssystem |
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Juristische Methodik hat in der Masse der Arbeitsmaterialien aus Rechtspraxis und Rechtswissenschaft genügend Stoff, ihre eigenen Grundbedingungen herauszuarbeiten. Das gilt etwa gegenüber dem bisherigen Stand von Bemühungen, Rechtswissenschaft und Kommunikationstheorie miteinander zu verbinden. Analog der hier seit „Normstruktur und Normativität" durchgeführten Analyse der theoretischen Voraussetzungen gesetzespositivistischer Methodik ist auch von der Kommunikationstheorie aus gezeigt worden, dass die herkömmliche juristische Methodenlehre mit ihrer Konzentration auf die Doktrin der Textauslegung, mit ihrem Zielbegriff der Eindeutigkeit, mit ihrer Vorstellung von einem in der Rechtsnorm fertig vorgegebenen „Inhalt" und einer vom graphischen Satz abgehobenen und abhebbaren „Bedeutung" Elemente eines ontologischen Denkstils aufweist. Demgegenüber wird für das Verständnis der Rechtsnormen (richtig: der Normtexte) das Modell des imperativen Kommunikationssystems vorgeschlagen: Namensgebung, auch als Benennung in Normtexten, ist nicht ontologisch verstehbar, sondern primär aus der imperativen Kommunikationssituation, d. h. als Beschreibung einer sozialen Situation zwecks Steuerung künftigen Verhaltens. Diese Beschreibung sozialer Beziehungen, herkömmlich reflektiert in der Lehre vom gesetzlichen Tatbestand, soll nicht begriffen werden als dinglich-ontologische Deskription, sondern als Bestandteil komplexer Kommunikationstechniken. Die Rechtsordnung kann als Kommunikationssystem gesehen werden, als Mechanismus des Austauschs von (eher imperativen als informativen) Nachrichten. Kommunikationstechnik ist verstehbar als imperative Denkhilfe zur Ordnung des künftigen Zusammenlebens von Mitgliedern der sozialen Gruppe.
So aufschlussreich dieser Ansatz im allgemeinen ist, sowenig kann er im einzelnen für die Fortentwicklung juristischer Methodik leisten. Denn für entwickelte Kommunikationssysteme tritt wegen der in ihnen notwendig gestiegenen Komplexität an Stelle des Grundlagenmodells der imperativen Kommunikationssituation doch wieder die dingliche Beschreibung in den Vordergrund. Dem entspricht es, dass die Grundlagen einer über den Gesetzespositivismus hinausweisenden Rechts(norm)theorie seit „Normstruktur und Normativität" gerade aus der Beobachtung juristischer Arbeit in Praxis und Wissenschaft gewonnen wurden. Sie werden in wichtigen Punkten von Teilergebnissen des kommunikationstheoretischen Ansatzes bestätigt; und das unbeschadet der Tatsache, dass diesem Ansatz für die Analyse eines hochentwickelten Rechtssystems die genannten Grenzen gezogen sind.
JM I, Rn. 202 f. |
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