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Linguistik Rechtslinguistik: Sprache des Rechts
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Norm und Normativität
Die Unbrauchbarkeit des gesetzespositivistischen „System"begriffs für das Verfassungsrecht wurde schon dargelegt. Die neuere Diskussion zum Systembegriff in der Jurisprudenz wie auch die Ansätze zu topischer Rechtsfindung spielten sich hauptsächlich im Zivilrecht ab. Die allgemeine Tendenz geht in Richtung auf einen „offenen" Systembegriff, der vor allem über „Ideologische" Ableitungen im Rahmen systematischer Auslegung wie auch im Weg „systematischer Lückenergänzung und Rechtsfortbildung" für die Rechtsgewinnung dienstbar gemacht werden soll. Gleichfalls im Zivilrecht entstanden Auseinandersetzungen über den topischen Ansatz (bei Viehweg) im Sinn einer sich an ungebundene Rechtsfindung annähernden techne der Problemerörterung oder im Sinn der Herstellung immanenter Problemzusammenhänge bei der (unter anderem auch systematischen) Auslegung geltender Normen. Die dort angestellten Überlegungen laufen auf Empfehlungen zur wechselseitigen Ergänzung und Durchdringung von „topischer" und „systematisch-deduktiver" Rechtsfindungsmethodik hinaus. Der Topik werden Aufgaben der Auflockerung scheinbar logisch geschlossener rechtswissenschaftlicher Systeme, der Auslegung wertausfüllungsbedürftiger Normbegriffe, eines Notbehelfs bei Fehlen hinreichender gesetzlicher Regelung, vor allem beim Füllen von Lücken, und ferner als Verfahren zur Beschaffung von Gesichtspunkten dort zugewiesen, wo das Gesetz Billigkeitsnormen enthält oder auf gesellschaftliche Anschauungen oder Maßstäbe verweist (z. B. die Anschauung „aller recht und billig Denkenden", die Beachtung der „im Verkehr erforderlichen Sorgfalt" im Sinn des § 276 BGB, das Handeln des „ordentlichen Kaufmanns" oder des „vernünftigen Kraftfahrers" und so weiter). Schließlich soll sie auch Funktionen verfassungspolitischer Art de lege ferenda übernehmen können. Für verfassungsrechtliche Methodik ist es zweitrangig, ob solche Kooperationstendenzen zwischen einseitig topischem und einseitig axiomatisch-deduktivem Vorgehen als „offenes", aber unbewegliches oder als „bewegliches" System bezeichnet werden, als „Dualismus" oder als „Synthese" der wesentlichen Gesichtspunkte beider Methoden, als beide umschließende „Struktur" oder als „wechselseitige Durchdringung" beider Arbeitsweisen. Für die Arbeit praktischer Verfassungskonkretisierung entscheidet allein, was über die Struktur von Norm und Normativität, über die Struktur des Entscheidungsprozesses und des Darstellungsvorgangs im einzelnen erarbeitet wird. Die verallgemeinernden Selbstbezeichnungen der einzelnen Positionen deuten allenfalls Programme an, geben aber noch nicht deren die Bedingungen und Möglichkeiten der Rechtspraxis einbeziehende theoretische Ausführung.

JM I, Rn. 112
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