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verfassungsrechtliche Methodik
Eine Methodik, die verfassungstheoretische Vorgriffe von solcher Entschiedenheit wie das Postulat einer materialen Einheit der Verfassung nicht vollziehen will, kann auf einem ideologisch weniger standortgebundenen Feld Strukturen und Funktionen von Verfassungsrecht in dieser Rechtsordnung auf vielfältige Weise herausarbeiten. Das ist hier an Einzelpunkten schon geschehen. Einige Gesichtspunkte seien noch einmal kurz zusammengefasst. Abgesehen von Postulaten materialer „Einheit“ oder gar von „Wertordnungen“ oder „Wertsystemen“, lässt sich sagen, eine Verfassung sei ihrem Sinn nach in der Tat mehr als ein sachleeres, rein formalistisch praktikables „Normen“gerüst. Geschichtlich-politischer Sinn einer Verfassung ist es, bestimmende Grundordnung eines bestimmten Gemeinwesens einschließlich seiner divergenten Kräfte zu sein. Verfassungsrecht ist positives Recht. Der allem Recht innewohnende (wenn es auch nicht voll definierende) Entscheidungscharakter wird in diesem Bereich besonders fühlbar. Eine Verfassung muss sich aus den Auseinandersetzungen der Gegenwart und Zukunft nicht „neutral“ heraushalten. Mit den Mitteln des Rechts bezieht sie Stellung, errichtet sie Grenzen, bezeichnet sie Markierungen - und das mit strukturell und funktionell wechselnden Graden normativer Dichte. Verfassungsrecht betrifft die Begründung des staatlichen Gemeinwesens und seiner Rechtsordnung im ganzen. Seine Vorschriften sind durch ranghöhere Rechtsnormen nicht abgesichert. Seine Regelungsbereiche sind weitmaschig, fundamental, „politisch“, geschichtlicher Veränderung in erhöhtem Maß ausgesetzt. Sie sind in besonders geringem Grad rechtserzeugt, besonders wenig durch detaillierte rechtliche Traditionen vorgeprägt. Die Verbindung solcher struktureller „Offenheit“ mit dem normativen Zweck der Begründung des Gemeinwesens und der gesamten Rechtsordnung macht die spezifischen Schwierigkeiten verfassungsrechtlicher Normsetzung und Normkonkretisierung verständlich. Ebenso deutlich ist die Notwendigkeit, eine von der rechtsgeschichtlichen, der rechtstheoretischen, der zivil- und strafrechtlichen Methodik in Einzelheiten graduell abgehobene Methode des Verfassungsrechts zu entwickeln, die sich an diesen Schwierigkeiten orientiert. Liberal-rechtsstaatliches und demokratisches Verfassungsrecht hat in Deutschland eine noch kurze Geschichte. Noch kürzer ist die Tradition deutscher Verfassungsgerichtsbarkeit. Der Mangel an vorgeformten und insoweit eine Basis für neue Entwicklungen bildenden Rechtsfiguren und Entscheidungsmustern wird verfassungsrechtliche Methodik in allen Bereichen der Konkretisierung und nicht zuletzt in Verfassungsgerichtsbarkeit und Wissenschaft noch weiter prägen. Verfassungsrecht, Verfassungsgesetzgebung und -konkretisierung haben dieser Lage zum Trotz die Aufgabe, die politische Einheit des staatlichen Verbands zu aktualisieren, Grundlagen und Maßstäbe für Normsetzung und Normverwirklichung in der unterverfassungsrechtlichen Rechtsordnung zu liefern und neben dieser Garantie von Legalität auch die Erzeugung, Anerkennung und Erhaltung von Legitimität im Sinn des inhaltlich akzeptierten „Richtigen“ des Sozialverbands zu gewährleisten.

„Legalität“ wird traditionell leicht abwertend mit der „bloßen“ Gesetzmäßigkeit des positiven Rechts gleichgesetzt, „Legitimität“ dagegen mit so freundlichen Gegenständen wie „der Rechtsidee“ oder jedenfalls mit der einen oder anderen Spielart von „überpositiven Werten“. Hier sei dagegen Legalität das emphatisch positive Ergebnis der Feststellung, dass den vorgeschriebenen Formen und Verfahren genügt worden ist; und Legitimität die Kurzformel für die Bewertung, dass die Ergebnisse legalen Handelns auf der Linie der Verfassung und vor allem auch ihrer zentralen positivrechtlichen Maßstäbe (Normtexte) begründet werden können.

JM I, Rn. 291
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