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historische Konkretisierung im Gemeinschaftsrecht |
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Die historische Konkretisierung von Vorläufernormen spielt im jungen Gemeinschaftsrecht naturgemäß eine geringe Rolle. Allerdings werden ihre Möglichkeiten mit der Zeit zunehmen. Wenn im argumentativen Relevanzhorizont Vorläuferbestimmungen ersichtlich sind, zieht sie der BGH zu Auslegungszwecken heran: "Um die Bedeutung dieser Bestimmung festzustellen, ist sie mit dem vormaligen Art. 106 Abs. EWG-Vertrag (später Art. 73 h Abs. 1 EG-Vertrag (...)) zu vergleichen, den sie ersetzt." Dort, wo sich die Möglichkeit historischer Konkretisierung bietet, wendet der EuGH Argumentationsmuster an, die aus der nationalen Methodenkultur bekannt sind. Im Sekundärrecht wird die historische Konkretisierung möglich, wenn Vorgängerverordnungen oder Richtlinien existieren. "Der Begriff des Schutzgebietes wurde nämlich durch die Richtlinie 91/683 in die Richtlinie 77/93 eingefügt, und im Anschluss an diese Änderung wurde durch die Richtlinie 92/76 eine Liste der Gebiete aufgestellt, die als Schutzgebiete i. S. d. Art. 2 Abs. 1 h der Richtlinie 77/93 anerkannt wurden. Das Einfuhrverbot nach Anhang III Teil B der Richtlinie 77/93 hängt somit unmittelbar von der Anerkennung eines Schutzgebietes auf Grund der Richtlinie 92/76 ab." Die anzuwendende Verordnung oder Richtlinie erweitert oftmals frühere Regelungen. Häufig wird die Vorgängerregelung im Bereich von Richtlinien durch die nachfolgende aber auch verändert und ergänzt. Diese vor allem im Sekundärrecht zu beobachtende Entwicklung ist eine Quelle von zusätzlichen Argumenten. Dabei interpretiert der EuGH eine neue Bestimmung so, dass die Kontinuität der Rechtsstruktur gewahrt wird. Das heißt, wenn die anderen Konkretisierungselemente mehrere Möglichkeiten eröffnen, ist der Lesart der Vorzug einzuräumen, welche den Zusammenhang am besten gewährleistet. Wenn aber der Normtext vom Gesetzgeber verändert wird, dann ist die Kontinuitätsregel suspendiert und es ist im Gegenteil davon auszugehen, dass diese Veränderung zu einer neuen Lesart führen muss. So führt der EuGH zur Frage des Entzugs einer Trennungszulage für EG-Beamte folgende Argumentation ins Feld: „Schon die Tatsache, dass vorliegend das Wort 'Umkreis’ durch das Wort ’Entfernung ersetzt worden ist, lässt einwandfrei erkennen, dass die Verfasser des Textes von dem Begriff der 'Luftlinie’ (der in dem Wort ’Umkreis’ klar zum Ausdruck kam) abgehen und demgegenüber den Begriff der (Straßen- oder Schienen-)Strecke einführen wollten.“
JM II S. 62 f |
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