Ausgangspunkt für die Begründungspraxis des EuGH war zunächst die enge, geradezu logizistische Tradition der romanischen Länder. Im Hinblick auf das Fehlen homogener Standards gerichtlicher Begründung in den Mitgliedstaaten und auf die politischen Umstände bei der Entstehung der Gemeinschaft lag es nahe, „dass sich der Gerichtshof in Verfahrens- und Formfragen in erster Linie an die französische Rechtsordnung anlehnte, der bei der Gründung der EGKS im Jahre 1950 ein besonderes Gewicht zukam. Vor allem war die EGKS als Verwaltungsgemeinschaft ausgestaltet, so dass Verwaltungsrecht und Verwaltungsgerichtsbarkeit im Vordergrund standen. Diese sind aber in den meisten Gründerstaaten weitgehend vom französischen Recht beeinflusst. Deutsche Verfahrenspraxis hatte dagegen zunächst nur beschränkten Einfluss, denn das Grundgesetz war gerade erst in Kraft getreten, und die deutschen Gerichte mussten nach den Perversionen der Rechtsordnung durch Diktatur und Krieg ihren eigenständigen Weg noch finden. Die englische Tradition wurde erst ab 1973 nach dem Beitritt Großbritanniens zur Gemeinschaft wirksam, als sich die Praxis des Gerichtshofs bereits weitgehend verfestigt hatte.“ Wichtig ist dabei die Einschränkung „weitgehend“. Denn seither hat sich die Begründungspraxis des EuGH tatsächlich weiter entwickelt. Sichtbar wird das allerdings erst, wenn man ihre Wurzeln in den wichtigen Rechtskreisen der Gemeinschaft in die Betrachtung einbezieht.