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richtlinienkonforme Auslegung |
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Die gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung ist einigen Aspekten der verfassungskonformen Auslegung vergleichbar, insgesamt aber vielschichtiger. Vergleichbar ist sie ihr insoweit, als auch sie den Ausgangspunkt in einer Situation hat, worin ein Normtext verschiedene Möglichkeiten der Interpretation eröffnet und im Zweifel dann diejenige auszuwählen ist, die mit dem höherrangigen Recht vereinbar bleibt. Der wichtigste Anwendungsfall, die richtlinienkonforme Auslegung nationalen Rechts, hat jedoch noch einen zweiten Ausgangspunkt, nämlich die Nicht- oder Falschumsetzung der Richtlinie durch die zuständigen innerstaatlichen Stellen.
Die gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung ist von der richtlinienkonformen zu unterscheiden. Es handelt sich um zwar verwandte, aber voneinander zu trennende Auslegungsweisen, deren wesentlicher Unterschied in dem jeweiligen Maßstab liegt, an dem das nationale Recht gemessen wird.
Gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung des nationalen Rechts meint das an Sinn, Zweck und Ziel des gesamten EG-Rechts ausgerichtete Verständnis nationaler Normtexte. Erfasst wird damit die abstrakt-generelle Überprüfung, ob die Konkretisierung einer nationalen Vorschrift mit primärem oder sekundärem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist. Es geht hier um die Auslegung in Übereinstimmung mit unmittelbar anwendbarem Recht, insbesondere um die Auslegung in Konformität mit Primärrecht und den Verordnungen.
Die richtlinienkonforme Auslegung ist von der gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung besonders unter zwei Aspekten zu trennen. Sie ist in ihrem Anwendungsbereich enger und umfasst nur die Auslegung des nationalen Rechts im Hinblick auf jeweils eine spezielle nach Art. 249 Abs. 3 EG ergangene Richtlinie. Ferner handelt es sich hier um die Auslegung in Übereinstimmung mit Recht, welches noch in nationales Recht umgesetzt werden muss. Die richtlinienkonforme Auslegung ist also nur ein besonderer Teilaspekt der gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung. Sie hat die größte Relevanz für die Praxis. Denn die Richtlinie ist das zentrale Instrument der Rechtsetzung durch Gemeinschaftsorgane. Ferner sind Richtlinien nach Art. 249 Abs. 3 EG nur hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlassen jedoch die Wahl der Mittel den mitgliedstaatlichen Stellen.
Die Unterschiede der mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen zum Gemeinschaftsrecht und die zwischen den nationalen Rechtsordnungen lassen es einleuchtend erscheinen, dass Konflikte bezüglich der Ordnungsgemäßweit der Umsetzung aufkommen. Um diese zu lösen, ist die konforme Auslegung nationalen Rechts im Anwendungsbereich der Richtlinie ein Mittel von kaum zu überschätzender Wichtigkeit.
JM I, Rnn. 428 b |
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